Faszination Skitourengehen

"Faszination Skitourengehen"

unter diesem Motto hat unser Guide Heinz Schecker eine Veranstaltung für Tourenneulinge in der Zeit vom 13.1. - 16.1.11 angeboten. Die Nachfrage war gewaltig und so wurden aus geplanten vier Tagen dann acht mit zwei Gruppen in der Zeit vom 7.1. - 16.1.11. Als Ziel wählte Heinz kurzfristig - unter Beachtung von Wetter- und Schneeprognose - die Region im Oberen Vinschgau am Reschenpass aus.

Quartier bezogen wir im Hotel Gerda in Burgeis. Tourentage Teil 1 Die Anreise erfolgte bereits am Freitag nachmittag, um am Samstag ausgeruht auf Tour gehen zu können. Heinz und die Teilnehmer trafen sich nach Quartierbezug am Freitag vor dem Abendessen. Nach kurzer Kennenlernrunde stellte Heinz mögliche Tourenziele vor. Ferner wurde über die Lernziele - Tourenplanung, Risikoerkennung und Risikovermeidung, Gefahrenstellenerkennung und Fahrttechnik - gesprochen. Da die Wetterprognosen durchwachsene Verhältnisse erwarten ließen, wollte Heinz erst am nächsten Morgen eine Entscheidung zum Tourenziel treffen.

Am Samstag früh zeigte uns das Wetter die kalte Schulter. Beim Blick aus dem Fenster gab's nur Nebel zu erkennen. Auch alle "WebCams" der Region zeigten ein tristes Grau. So entschieden wir uns für das Rojental in der Hoffnung, daß der Himmel aufreißt. Nach dem Frühstück ging's mittels Großraumtaxi nach Rojen. Dieses Großraumtaxi sollte für die nächsten 4 Tage unser Transportmittel bleiben. In Rojen - einem kleinen Hochgebirgsort auf knapp 2000 m Höhe - schnallten wir die Skier an, führten den LVS-Check durch und brachen Richtung Äußerer Nockenkopf auf.

Das Wetter war nach wie vor vom Nebel geprägt und so tasteten wir uns vorsichtig voran. Aber nach wenigen Höhenmetern lichtete sich der Nebel und der blaue Himmel kam zum Vorschein. So motiviert stiegen wir die Hänge zum 2767 m hohen Äußeren Nockenkopf hoch. Am Gipfel genossen wir die herrliche Sicht und hatten dann viel Spaß bei der Abfahrt. Aufgrund der guten Wetterverhältnisse entschieden wir, nach halber Abfahrtsstrecke nochmal anzufellen und den Seaslocher Boden zu begehen. Unser Weg führte uns nochmals 350 hm hinauf. Es war ein lohnenswerter Aufstieg - erschloß er doch wunderbare Powderhänge, die uns größtes Abfahrtsvergnügen bereiteten und wieder nach Rojen zurückführten.

Hier kehrten wir im Gasthaus Rojen beim "Hans" ein. Hans ist ein Original und wusste manche Skiweisheit von sich zu geben. Für den Sonntag war die Wetterprognose ähnlich schwierig und so wurden wieder alle Informationsquellen zu Rate gezogen um Berge mit freier Sicht zu finden. Der erste Hinweis kam vom Zimmermädchen: "Bei uns im Matscher Tal ist gute Sicht". Schnell wurde noch beim Glieshof am Ende des Matscher Tales angerufen. Nachdem dieser ebenfalls optimistische Prognosen abgegeben hatte, wurde das Taxi Richtung Matscher Tal dirigiert mit dem Ziel den Upiakopf (3150 m) zu besteigen. Nachdem die positiven Wetteraussagen tatsächlich zutrafen, schnallten wir die Skier an und zogen los. Der Weg führte erst durch den Wald um dann in freies Gelände oberhalb der Baumgrenze überzugehen. Vorbei an der Matscher Alm, galt es kurze Zeit später einen gefährlich wirkenden Steilhang zu umgehen.

Heinz wählte eine sichere Route durch eine enge Schlucht. Nach diesem Nadelöhr durchquerten wir flaches Gelände. Nach kurzer Gehzeit tat sich dann der imposante Gipfelhang auf. Nun galt es nochmal Kräfte zu sammeln um den steilen Anstieg zu bewältigen. Kurz vor dem Gipfel kam starker Wind auf, der uns veranlasste die letzten Meter nicht zu gehen und rasch abzufellen damit wir in tiefere windgeschützte Lagen gelangen. Die Abfahrt erwies sich aufgrund der wechselnden Schneeverhältnisse als schwierig. Nur selten gab es an den wenigen Powderstellen Abfahrtsgenuß. Erschwerend kam dann noch Nebel hinzu. Wir sind aber alle gut im Tal am Glieshof angekommen. Hier ließen wir den Tag ausklingen und warteten auf unser Taxi. Der Montag zeigte sich winterlich. Es hatte bis ins Tal hinunter geschneit. Da kaum Wetterbesserung und weiterhin Schneefall zu erwarten war, wählten wir das nahe gelegene Schliniger Tal für unsere heutige Tour aus.

Das Ziel sollte die Kälberspitze sein, da die Route auf längeren Abschnitten durch Wald verläuft und sichere Orientierung möglich ist. Am Ende des Ortes Schlinig zogen wir die Felle auf, marschierten los und orientierten uns Richtung Kälberspitze. Wie erwartet, ging es längere Zeit durch einen Nadelwald. Die Sicht war eingeschränkt, jedoch genossen wir die herrliche tiefverschneite Winterlandschaft. An der Waldgrenze erreichten wir die Kälberalm. Diese kleine Almhütte war nicht verschlossen und so konnten wir drinnen eine gemütliche Rast einlegen. Im weiteren Verlauf gelangten wir in freies Gelände, welches steil anstieg. Der Aufstieg war schwierig und erforderte eine überlegte Routenwahl. Wir erreichten schließlich ein kleines Plateau auf ca 2300 m Höhe. Hier entschied Heinz - aufgrund der Wetterverhältnisse - nicht mehr weiterzugehen! Nach kurzer Rast starteten wir zur Abfahrt. Aus Sicherheitsgründen fuhren wir einzeln in großen Abständen ab.

Hierbei stürzte Reiner und verlor einen Ski. Die Suche gestaltete sich aufgrund der großen Schneemengen als schwierig. Erst nach ca einer Stunde, nachdem vier Mann den Hang teilweise abgegraben hatten, wurden wir fündig. Die weitere Abfahrt durch den Wald war größtenteils mühsam. Zwischendurch gab's ein paar schöne Passagen in herrlichem Pulverschnee und alle sind wieder heil in Schlinig angekommen. Den Tag liesen wir an der Hotelbar ausklingen. Wir mussten uns allerdings selbst bedienen, da das Restaurant am Montag Ruhetag hat und die Chefin Gerda aus familiären Gründen außer Hause weilte. Das stellte aber kein Problem dar - Wein und Bier liefen gut. Das Abendessen nahmen wir - infolge Hotelruhetag - in der Jausenstation Greinhof ein. In dieser kleinen, netten Kneipe entwickelte sich ein geselliger Abend.

Der Tischnachbar packte seine Gitarre aus und gab ein beeindruckendes Konzert. Sein Reportoir reichte vom italienischen Klassiker bis zum deutschen Volkslied. Wir unterstützten gesanglich so gut wir konnten. Für den Dienstag war ein Ausflug ins Val Müstair geplant. Das Taxi holte uns kurz nach acht ab und wir fuhren nach Lü. Ziel sollte der Piz Terza (2940 m) sein. Nach dem obligatorischen LVS-Check ging's gemütlich einen Waldweg hoch bis zu einer Alm. Hier rasteten wir kurz. Der weitere Anstieg führte durch freies Gelände. Leider gaben Wolken und Nebel die Sicht auf die umliegende Bergwelt nicht frei. So konnten wir nur erahnen welches grandiose Bergpanorama uns vorenthalten blieb. Die schlechte Sicht veranlasste uns auch dazu, den Aufstieg auf einem Joch in 2700 m Höhe zu beenden. Die Abfahrt absolvierten wir in feinstem Pulver. Nur die teilweise schlechte Sicht schränkte den Abfahrtsgenuß etwas ein.

Dies änderte sich im Waldbereich. Hier war bei guter Sicht und bestem Neuschnee "Freeriding" angesagt. Nach der Rückfahrt mit dem Taxi gab's im Hotel eine Schlußbesprechung. Heinz analysierte das Geschehen der letzten Tage und gab Tipp's für die weitere Entwicklung. Alle Teilnehmer waren sich einig von dem enormen Erfahrungsschatz unseres Guide Heinz profitiert zu haben. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Heinz dafür, daß er die Sache sehr engagiert angeht und sein Wissen an uns weitergibt. Für die beiden Tobias, Hans-Jürgen, Ulli,Martin und Rudolf waren die Tourentage zu Ende. Sie traten nach einem Kaffee die Heimreise an. Heinz und Reiner sind noch geblieben, in Erwartung der zweiten Gruppe. Tourentage Teil 2 Am Mittwoch abend gesellten sich zu Heinz und Reiner noch Dorothea, Martina und Erich.

Nach dem Check-in und dem Abendessen stellte Heinz die Tourenziele vor und die Gruppe machte sich sogleich an die Tourenplanung. Das Ziel für den nächsten Tag war erneut die Kälberspitze im Schliniger Tal. Diesen Berg wollten wir bei besserer Sicht (für Donnerstag war schönes "warmes" Wetter vorhergesagt) nochmal angehen. Donnerstag vormittag trafen noch Barbara und Holger ein. Nach kurzer Begrüßung und Quartierbezug startete die komplette Truppe Richtung Schliniger Tal. Das Wetter gab sich zwar sonnig, jedoch waren auch die Temperaturen enorm gestiegen. Tauwetter gab's bis auf 2500 m! Das erforderte eine völlig neue Beurteilung der Lawinensitution. Die Durchfeuchtung der Schneedecke ließ die Gefahr durch Naßschneelawinen in tieferen Lagen steigen. Start war wieder am Ortsende von Schlinig. Über die Schliniger Alm ging es diesmal bis in eine Höhe von ca. 2500 m. Weiter sollte es auch diesmal nicht gehen, da die Abfahrt infolge von Naßschnee einige Schwierigkeiten erwarten ließ.

Hierfür wollten wir genügend Zeit einplanen. Nach und nach gewöhnten wir uns bei der Abfahrt an die schwierigen, wechselnden Schneeverhältnisse. Heinz suchte noch einige rassige Waldabfahrten aus und so hatten wir auch bei diesen Bedingungen Spaß am Abfahren. Am Freitag lockte uns herrliches Wetter zum Skifahren. Ziel war wieder der Piz Terza bei Lü im Val Müstair. Bedingt durch die recht milden Temperaturen war wieder feuchter Schnee in tiefen Lagen zu erwarten. Auf unserem Weg konnten wir im Waldbereich kleinere Naßschneerutsche erkennen, die wohl in der Nachmittagssonne des Vortages abgegangen sind. Entsprechend vorsichtig begingen wir mit den gebotenen Sicherheitsabständen unsere Route. Das schöne Wetter entschädigte uns für die teils schlechte Schneequalität. Der "Pappschnee" machte uns auch beim Aufstieg zu schaffen, klebte er doch schwer an unseren Fellen. Schweren Schrittes kamen wir voran. Erst in Höhen ab 2700 m ging der Papp in Pulver über und der Aufstieg fiel wieder etwas leichter.

So erreichten wir nach ca 4 Stunden den Gipfel des Piz Terza in 2940 m Höhe. Wir genossen das herrliche Wetter und die grandiose Fernsicht. Die Abfahrt bot bei herrlicher Sicht einige Schmankerl, die wir ausgiebig genossen. Im Waldbereich verzichteten wir wegen der Gefahr von Naßschneelawinen auf Ausritte ins Gelände und gelangten über den Waldweg ins Tal nach Lü. Hier faszinierte uns ein ganz anderes Spektakel. Der gesamte Parkplatz war voller Hundegespanne. Aus ganz Europa waren diese Hundefan's angereist um am Wochenende an einem internationalen Hundeschlittenrennen teilzunehmen. Am Samstag hielt das herrliche Hochdruckwetter an. Um das herrliche Wetter optimal zu nutzen, starteten wir bereits um 8.00 Uhr erneut ins Val Müstair um den Piz Dora zu besteigen. Dieser ideale Skiberg versprach aufgrund seiner Ostausrichtung bessere Schneeverhältnisse wie der Piz Terza am Vortag (Südhang). Ab dem beschaulichen Ort Fuldera ging's durch Waldgelände - vorbei an verschiedenen Almen - in eine Hochebene die es zu queren galt. Danach tat sich der Gipfelhang auf - geprägt durch eine imposante breite und steile Rinne. Für diesen Schlußanstieg nutzten wir größtenteils vorhandene Aufstiegsspuren - teilweise legte Heinz auch eine neue optimierte Spur an. So kamen wir recht flott nach ca 1400 hm auf dem Gipfel in knapp 3000 m an. Die Abfahrt war fast durchwegs ein Genuß.

Herrlicher Pulverschnee in den Hochlagen - zwischendurch etwas Harsch - dann wieder gut zu fahrender Naßschnee im Waldbereich. Heinz fand immer eine ideale Spur! Ein herrlichener Tag den wir im mittelalterlichen Glurns bei einem Kaffee ausklingen ließen. Den Sonntag als unseren letzten Tag wollten wir gemütlich angehen. Deshalb machten wir einen Ausflug ins Hausskigebiet von Burgeis, den "Watles". Hier sollte mit Liftunterstützung an der Skitechnik gefeilt werden. Auf der Piste gab uns Heinz einige Übungen vor, die zur Technikverbesserung im Gelände beitragen sollten. Alle übten fleißig und nach diesen Übungseinheiten ging es über einen kurzen Anstieg ins freie Gelände. Hier konnten in idealem Übungsgelände die auf der Piste erlernten Basics ausprobiert werden. Erste Erfolge waren festzustellen und bei herrlichem Wetter endeten so einige unvergessliche Skitourentage. Heinz ließ im Hotel abschließend nochmal die Tage Revue passieren, gab jedem noch einige Hinweise und verabschiedete uns nach Hause. An dieser Stelle möchte der Schreiber dieser Zeilen - im Namen aller Teilnehmer - unserem Guide Heinz Schecker für seine umsichtige Tourenplanung sowie die lehrreichen Erläuterungen danken.

Wir wünschen Heinz weiterhin alles Gute und hoffen, daß er dem Bergbund und uns noch lange als Bergführer zur Verfügung steht. Ein Wort möchte ich auch noch zum Hotel Gerda verlieren. Ich denke ich spreche im Namen aller Skitourengeher wenn ich sage: Die Wirtsleute Gerda und Franz haben uns in all' den Tagen in ihrem tollen Haus verwöhnt, in allen Belangen unterstützt (Tee, Tourproviant, Rat und Tat ...) und waren immer in Sorge, daß wir heil zurückkommen.

Auch dafür recht herzlichen Dank.

Reiner Deppisch